Wussten Sie, dass Menschen seit mindestens 26.000 Jahren Keramik herstellen? Sie tun dies, indem sie Ton und Kieselsäure großer Hitze aussetzen, um sie zu verschmelzen und keramische Materialien zu formen. Dabei handelte es sich traditionell nicht um Geschirr, wie man vielleicht erwarten würde, sondern um kleine, geformte Figuren. Erst in den 1970er Jahren hielt Keramik Einzug in die Welt der Uhren. Omega, IWC und Rado waren Pioniere dieses nichtmetallischen Materials, das sich durch seine Kratzfestigkeit, seine antioxidativen und hypoallergenen Eigenschaften auszeichnet. Doch eine zufällige Beobachtung brachte mich dazu, über die uralte Substanz nachzudenken, die sich zu einem Hightech-Material entwickelt hat. Keramik ist das neue Gold. Während Golduhren dem Marktpreis des Edelmetalls folgen, ist der Preis für Keramik deutlich flexibler.
Die Keramik der Uhrenindustrie unterscheidet sich stark von der typischen Keramik, die in Badezimmerfliesen verwendet wird. Traditionelle Keramikrohstoffe bestehen aus Tonmineralien wie Kaolinit, während neuere Materialien Aluminiumoxid, auch bekannt als Tonerde, enthalten. Das in replica Uhren verwendete Keramikmaterial ist für seine fortschrittlichen Hightech-Eigenschaften bekannt und deutlich langlebiger als die üblicherweise in Töpferwaren verwendete Keramik. Um ein hochwertiges, luxuriöses Gefühl zu erzeugen, wird die Keramik in Uhren aus reinen Metallverbindungen gefertigt.
Heutzutage wird Hochleistungskeramik aus Siliziumkarbid und Wolframkarbid hergestellt. Diese Materialien werden aufgrund ihrer Abriebfestigkeit sehr geschätzt und eignen sich daher ideal für Anwendungen wie Verschleißplatten in Bergbaumaschinen. Hochleistungskeramik wird auch in verschiedenen Branchen und Anwendungen eingesetzt, darunter in der Medizin- und Elektrotechnik, Elektronik und Rüstung. Wenn Sie mehr über die Vor- und Nachteile von Keramikuhren erfahren möchten, klicken Sie hier für Henrys informativen Artikel.
Keramik ist das neue Gold – Damals und heute
Keramikuhren erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Viele Marken bieten Keramikuhren an, darunter Tudor, Omega, Rado, IWC, Hublot, Blancpain und viele mehr. Alles begann in den 1970er Jahren, als Omega nach vielen (kostspieligen) Jahren der Entwicklung die Seamaster Cermet vorstellte. Sie wurde aus einem proprietären Keramikmaterial aus Aluminiumoxid und Wolframkarbid gefertigt und war nur auf Sonderbestellung erhältlich. Aufgrund der enormen Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionskosten war ihr Preis etwa viermal so hoch wie der einer Speedmaster. Folglich blieb sie ein kommerzieller Erfolg.
Omega Seamaster Cermet Black Tulip IWC Da Vinci Ref. IW3755-05 Perpetual Calender
Weitere wichtige Modelle aus der Anfangszeit der Keramikuhren waren die IWC Da Vinci Ref. 3755 von 1986, die wahlweise in schwarzer oder weißer Keramik erhältlich war, und die Rado Ceramica von 1990, die erste Uhr mit Gehäuse und Armband aus Vollkeramik. Farbige Keramik ist eine neuere Entwicklung. Auch hier haben IWC und relative Newcomer wie Audemars Piguet und Hublot eine bunte Palette an Keramikuhren in ihren Kollektionen.
Ein exklusiver Zufall
Die Idee zu diesem Artikel entstand aus Bewunderung. Als ich kürzlich bei Audemars Piguet war, konnte ich den beeindruckenden Royal Oak Offshore Chronographen mit Automatikaufzug, Ref. 26238CE.OO.1300CE.01, wieder in die Hände bekommen. Es handelt sich um die komplett schwarze Keramikversion des legendären „Biests“. Ich musste einfach nach dem Preis fragen, obwohl mir klar war, dass er mein Budget übersteigen würde. Der Preis für das Vollkeramik-Biest beträgt 86.600 €, und dieser Preis blieb mir irgendwie im Gedächtnis. Viele Tage später, als ich auf der Website von Audemars Piguet stöberte, warf ich einen genaueren Blick auf den Royal Oak Offshore Chronographen mit Automatikaufzug, Ref. 26238OR.OO.2000OR.01. Dies ist eine Version in Roségold. Mir fiel der Preis von 92.800 € auf und ich musste wieder an das Keramik-Biest denken. Ein Unterschied von „nur“ 6.200 € ist bemerkenswert – bemerkenswert gering.
Dann fiel mir ein Blick auf die Royal Oak Kollektion ein, und die wurde noch bemerkenswerter. Der 41 mm große Royal Oak Automatik-Chronograph Ref. 26240CE.OO.1225CE.02 aus komplett schwarzer Keramik kostet 78.000 €, während die 26240OR.OO.1320OR.05, die Roségold-Version desselben 41 mm großen Chronographen, ebenfalls 78.000 € kostet. Bei AP ist Keramik Gold wert.
Kilopreis
Die überraschenden Preise bei AP ließen mich die Rohstoffkosten betrachten. Ein Kilogramm Zirkoniumdioxid, das Grundelement für eine Keramikuhr, kostet rund 40 US-Dollar. Das ist mehr als ein Kilogramm 316L-Stahl, der rund 7 US-Dollar kostet. Zur Information: Aus Stahl fertigt AP seine Referenz 26238ST.OO.2000ST.0, einen 46.400 Euro teuren Royal Oak Offshore Automatik-Chronographen im Stil des Originals von 1993. Wenn AP eine Royal Oak Offshore aus Gold fertigen möchte, ist der Rohstoffpreis deutlich höher. Die Goldpreise steigen, und vor zwei Tagen lag der Angebotspreis für einen 1-Kilo-Goldbarren bei 94.954,82 US-Dollar.
Produktionskosten
Der einfache Grund für den (relativ) hohen Preis einer Keramikuhr sind die Produktionskosten. Die Herstellung einer Keramikuhr erfordert viel Aufwand und Zeit. Kurz gesagt: Das Formen, Sintern und Veredeln braucht Zeit sowie spezielle Maschinen und Werkzeuge. Doch es ist kein neuartiger Produktionsprozess. Zwar gibt es noch immer Innovationen, aber die Grundlagen befinden sich längst in der Pionierphase. So wie Titanuhren etwas teurer sind als Stahluhren, weil sie andere Werkzeuge benötigen und es etwas schwieriger ist, ein luxuriöses Finish zu erzielen, haben auch Keramikuhren ihren Preis. Es ist leicht verständlich, dass relativ weiches Gold günstiger zu veredeln ist als ultraharte Keramik. Die Produktionskosten müssen weitergegeben werden, doch bei AP geschah ein alchemistisches/buchhalterisches Wunder: Die Marke verwandelte Keramik in Gold!
Preise anderer Marken
Die Preise bei AP ließen mich einen Blick auf andere Marken werfen, die für ihre Keramikuhren bekannt sind. Omega verkauft die Seamaster Diver 300M Ref. 210.92.44.20.01.001 mit einem 43,5 mm großen schwarzen Keramikgehäuse an einem Kautschukarmband für 9.900 €. Der Unterschied zu einer Seamaster Diver 300M Ref. 210.62.42.20.01.002 mit 42-mm-Sedna-Goldgehäuse und Kautschukarmband ist enorm und wirkt logisch. In Edelmetallausführung kostet diese Taucheruhr 32.500 €.
IWC ist ein weiterer Pionier im Bereich der Keramikuhren. Die schwarze Pilot’s Watch Chronograph 41 Top Gun Ref. IW389401 kostet 9.700 €. Farbige Keramik ist eine aktuellere Entwicklung, die zu einem Preis von 12.900 € für die Pilot’s Watch Chronograph 41 Top Gun Mojave Desert Ref. IW389402 führt. In Rotgold 5N hingegen kostet die Pilot’s Watch Chronograph Ref. IW388110 25.000 €.
Bei Hublot ist Beige zu schlicht, und die Marke mit Sitz in Nyon hat kürzlich mehrere farbenfrohe Keramikuhren entwickelt. Nehmen wir zum Beispiel die 44 mm Hublot Big Bang Unico Yellow Magic Ref. 421.CY.471Y.R mit Kautschukarmband. Diese luxuriöse Kreation kostet 30.800 €. Wenn Sie die gleiche Uhr in King Gold (Ref. 421.OX.1180.RX) wünschen, steigt der Preis auf 46.800 €.
Seltsamerweise kostet die 26.200 € teure 42 mm Big Bang Integrated Black Magic Ref. 451.CX.1170.CX mit dreireihigem Keramikarmband 4.800 € weniger als die gelbe Keramik Big Bang mit Kautschukarmband. Ich schätze, fast 5.000 € sind der Preis, den man für Luxus zahlt.
Zwei Captain Cooks
Der Keramikpionier Rado stellt keine Golduhren her. Die Marke produziert viele Arten von Keramikuhren aus allen möglichen „Mischungen“. Rado fertigt auch Stahluhren. Zum Beispiel gibt es die 42 mm Rado Captain Cook Automatic Ref. im Retro-Stil. R32154208. Für diese 164 Gramm schwere Edelstahluhr zahlen Sie 2.950 €. Dann gibt es noch die retro-futuristische Captain Cook High-Tech Ceramic Diver Ref. R32144202 mit einem 43 mm großen Gehäuse aus matter Plasma-Hightech-Keramik. Diese Uhr wiegt 159 Gramm und kostet 4.100 €. Das ist ein stolzer Preis, wenn man die Kilopreise und den aufwändigen Produktionsprozess kennt. Er trägt außerdem zur Verwirrung um die Preise von Keramikuhren bei. Es scheint kaum eine Korrelation zwischen dem Preis des Rohmaterials und dem des Endprodukts zu geben – was bei Luxusgütern nicht ungewöhnlich ist.
Die Psychologie der Preisgestaltung
Im einfachsten Fall spiegelt der Preis den Wert wider. Im Bereich der Luxusuhren spiegelt er jedoch viel mehr wider. Der Preis spiegelt den Wert wider, den eine Marke ihren Kunden bietet. Nicht das Keramikmaterial oder das Gold sind entscheidend, sondern die Attraktivität, die eine Marke kultiviert. Dies gelingt durch außergewöhnliches Storytelling und ein phänomenales Kundenerlebnis.
Keramik ist das neue Gold bei Audemars Piguet
Der Audemars Piguet Royal Oak Offshore Automatik-Chronograph Ref. 26238CE.OO.1300CE.01 aus schwarzer Keramik ist kein „Jumbo“, aber er hat Kunden auf der Warteliste.
Einer der Grundpfeiler von Luxus ist, dass der wahrgenommene Wert den tatsächlichen überwiegt. Luxus bedeutet, eine Wertwahrnehmung (weit) über das Produkt selbst hinaus zu konstruieren, obwohl hochwertige Luxusuhren sorgfältig gefertigt sind. Bei AP ist man sich dessen voll bewusst und setzt es auf eine Weise um, die einen manchmal zum Grübeln bringt. Bei Luxusuhren ist der Preis zwar immer noch an den Selbstkostenpreis gebunden, manchmal jedoch nur sehr locker. Der Preis basiert hauptsächlich auf dem wahrgenommenen Wert. Und diesen Wert kann die Marke unabhängig vom Material der Uhr schaffen.